Von der Seidenstraße, Prunk und zu viel Plov

On the road in Usbekistan

Die besten Reisen sind wie das Leben – es geht bei A los mit einer ungefähren Ahnung davon, wo B, C und D liegen, aber wie man genau dorthin kommt oder was einen unterwegs alles erwartet, ist ein großes Fragezeichen. Auch, wenn man auf der Seidenstraße in Usbekistan unterwegs ist, die früher der beliebteste Trampelpfad der Karawanen war, heute von gebildeten Reisegruppen.

Formel-1-Piste nach Samarkand

Es ist neun Uhr morgens, als ich am Flughafen der usbekischen Hauptstadt Tashkent stehe. „Taxi, Miss? Good price!“ Ich kenne die guten Preise von Flughafen-Taxis. „Samarkand Sammeltaxi 50 Dollar!“ Ich horche auf. Samarkand ist eine der angeblich ältesten Städte der Welt und eine der schönsten an der Seidenstraße, und genau dort will ich hin. Für 25 Dollar – bei gut 300 Kilometern und vier bis fünf Stunden Fahrt akzeptabel – bin ich dabei. Wir fahren zum Tashkenter Busbahnhof, wo ein Kumpel des Fahrers im weißen Toyota wartet. Überhaupt scheinen 90 Prozent der Autos in Usbekistan weiß zu sein. Auf dem Rücksitz richtet sich eine ältere Dame mit liebem Großmutter-Gesicht ein, die ich in meinem basishaften Russisch begrüße. Sie antwortet in fließendem Englisch. „Du kannst mich Sarah nennen. Ich lebe schon seit über 20 Jahren in den USA, aber jetzt bin ich gerade zu Hause und zu Besuch bei meiner Tochter und ihrer Familie.“ Sarah, mit usbekischem Namen Sayyora, ist 70 Jahre alt und arbeitet in den Staaten als Pflegerin, wodurch sie Tochter und Enkelkinder daheim unterstützt. Scherzod, der hagere Fahrer mit Sonnenbrille, springt hinters Steuer und los geht’s – zur schlimmsten Taxifahrt meines Lebens.

Dort, wo Karawanen einst nicht nur Seide, sondern auch Glas, Edelsteine, Gold, Keramik, Porzellan, Pelze und weitere Waren durch Asien transportierten, sind wir bald mit an die 180 Stundenkilometern unterwegs, wo vielleicht 80 erlaubt sind. Sarah hängt entspannt auf meinem Koffer, erholt sich noch von einem Leistenbruch, während der nicht einmal angeschnallte Scherzod die teils löchrige Land- und Staubstraße in eine Formel-1-Piste verwandelt. „Er ist ein wenig in Eile, wir sind spät losgefahren“, entschuldigt Sarah den jungen Mann, der kein Wort Englisch, nur Usbekisch und Russisch, spricht. Meine Füße fühlen instinktiv nach einem Bremspedal, wenn Scherzod die Hupe gedrückt hält und bremsfrei auf den Vordermann auffährt, bis sich zwei Stoßstangen um einen Millimeter knutschen, und sich Scherzod doch zögernd für den Einsatz der Bremse entscheidet. Ich klammere mich am Gurt fest und beobachte, wie Fahrer aus den engen, zweispurigen Straßen immer wieder dreispurige machen. Wir fliegen im Millimeterabstand an anderen Wagen vorbei, ohne dass es auch nur einen Kratzer am Lack gäbe.

Um Punkt 11.30 Uhr dirigiert Sarah den Pistenhelden zu einem Restaurant am Straßenrand. „Hier gibt es den besten Fisch!“ Fisch? Das ist das letzte, womit ich in einem meerlosen und allgemein recht wasserarmen Land gerechnet habe, aber es soll nebenan einen Fluss geben. Wir bekommen einen riesigen Teller mit frittiertem Fisch, dazu hausgemachte Tomatensoße, frisches Pide – typisches, rundes Brot – und Tomaten-Gurken-Salat. Zu Dritt stürzen wir uns darauf, bis außer Gräten nichts mehr übrig ist, dann wird gebetet. „Wir danken Gott erst nach dem Essen für die guten Speisen und für alles, was er für uns und unsere Toten tut“, erklärt Sarah.

Nach dem üppigen Mahl und der zuvor fast schlaflosen Nacht im Flieger fallen mir bald die Augen zu. Jedes Mal, wenn ich bei einem von Scherzods Last-Minute-Bremsmanövern nach vorne fliege und aufwache, befinden wir uns so nah am Vordermann, dass ich dessen Bartstoppeln im Rückspiegel erkennen könnte. Ich gebe mein Leben an Scherzods Fahrkünste ab. Irgendwann kommen wir im märchenhaften Samarkand an, das auf den ersten Blick gar nicht märchenhaft erscheint – vielmehr als übliche Großstadt mit Stoßstangenverkehr, schreienden Fahrern, Outlets, Apotheken, unzähligen Tierarztpraxen – „die Leute hier lieben ihre Haustiere“, klärt mich Sarah auf – sowie überdimensionalen Reklametafeln. Sarah wird ein paar Tage bei einer Freundin verbringen, nimmt mir aber das Versprechen ab, sie und ihre Familie in Tashkent zu besuchen, wenn wir beide wieder dort sind. Dann ist es an der Zeit, das Samarkand meiner Träume zu erkunden.

Der schönste Platz der Welt?

Ich habe den besten Spot ergattert – auf den Treppen weit oben in der Mitte, wie vor einer riesigen Kinoleinwand, und vor mir läuft ein großartiger Film. Wie bestellt gehen sämtliche Lichter an und kleiden ihn in schummrig-gelbes Licht: den mächtigen Registan-Platz, schönster Platz Samarkands und vielleicht von ganz Zentralasien. Mit drei Protagonisten – ehemaligen Medresen, Koranschulen, ein auf der Welt einzigartiges Ensemble.

Unvorstellbar, dass an ihrer Stelle bis ins 15. Jahrhundert nur ein Sandplatz und eine Karawanserei lagen. Bis der Timuriden-Fürst Ulugh Beg und Enkel von Amir Timur die erste, an der Westseite emporragende Ulugh-Beg-Medrese errichten ließ. Timuriden, das waren die muslimischen Herrscher unter Timur, um dessen Namen man in Usbekistan nicht herumkommt: Er war im 14. Jahrhundert ein islamischer Militärführer und Emir, der die Timuriden-Dynastie aufbaute und viele Regionen Zentralasiens brutal unterwarf, gleichzeitig aber auch Kunst und Literatur förderte. Samarkand, Buchara und Kesch waren sein Nabel der Welt, der entsprechend aufgemotzt werden musste, und zwar im timuridischen Stil mit persischer Note. Timur ist bis heute noch eine Art Nationalheld in Usbekistan.

Die zentrale Tillja-Kari-Medrese beheimatet eine Moschee – und den Beweis dafür, dass Tillja Kari ‚mit Gold bedeckt‘ bedeutet: Beim Eintreten funkelt es von sämtlichen Wänden und von der Decke. Weniger spektakulär sind dagegen die Innenhöfe der beiden anderen Medresen mit den Zellen der Koranschüler, aus denen heute Teppiche, Mützen, Halstücher, Postkarten und weitere Souvenirs quellen. Und doch – die kunstvoll mit bunten Ziegeln und Moasaiktafeln geschmückten Außen- und Innenfassaden lassen noch erahnen, warum Samarkand früher als „schönstes Antlitz, das die Erde der Sonne je zugewandt hat“ beschrieben wurde. Und warum der Registan-Platz als Lieblingsort für Fotoshootings von Brautpaaren dient. Ich schaue zu, wie sich ein junges Paar am Glückstag ablichten lässt – die Braut in kunstvollem, türkis-gemustertem Kleid mit meterlanger Schleppe, der Bräutigam in einer Art gestreiftem Bademantel mit dazu unpassender Streifen-Bollerhose und Gummistiefeln.

Ich spaziere weiter zur teils restaurierten Bibi-Khanum-Moschee, angeblich von 1399 bis 1405 unter Timur errichtet, die einen ganz ähnlichen Baustil aufweist wie die Medresen am Registan-Platz. Diese größte Moschee Zentralasiens soll in ihren Maßen dem Mailänder Dom ebenbürtig sein. In seinem Übermut wünschte sich Timur ein Bauwerk, das alle Monumente und Bauten, die er während seiner Feldzüge in fremden Ländern gesichtet hatte, übertreffen sollte. Als ich mich auf einer Bank absetze, um mich von der Mittagshitze zu erholen, gesellt sich eine ältere Frau zu mir. „Das ist mein Sohn“, stellt sie mir einen jungen Mann auf Russisch vor. Ich hätte gerne ein Bild von dir und mir. Darf er eins machen?“ Sie kuschelt sich mit ihrem langen bunten Kleid an mich, und schon sind wir vor der heiligen Stätte verewigt.

Bei den Toten und den Lebenden

Der Duft nach Gewürzen und frisch Gegartem lockt mich in den Souk nebenan, wo Händler frisches Obst und Gemüse, Tee und Kurut anbieten – Milchbällchen, die schmecken wie im Kühlschrank vergessene, hartgewordene Milch und beliebter Snack sind.

Hinter dem Bazar setzt sich in der Ferne die Nekropole Shah-i Zinda, übersetzt ‚lebender König‘, aus dem 11. Jahrhundert mit den türkisfarbenen Kuppeln ihrer Mausoleen vom Azurblau des Himmels ab: das Best-of der Mausoleenbaukunst von Samarkand, auch als ‚Gräberstraße‘ bezeichnet. Ich erreiche die Mausoleen auf etwas anderem Weg als gewöhnlich: Statt mich mit den Bustouristen durchs Eingangsportal zu quetschen, folge ich der Empfehlung meines Reiseführers und spaziere über den angrenzenden, angeblich größten muslimischen Friedhof, wo mich die auf große Grabsteine gedruckten Antlitze Verstorbener mit steifem Blick verfolgen. Bald bereue ich die Entscheidung – die Informationen im Buch müssen veraltet sein, denn das Tor zum Mausoleen-Komplex des Shah-i Zinda ist fest verschlossen. Daneben chillen zwei rauchende Männer, die ich nach dem Eingang frage. Einer der beiden antwortet in schnellem Russisch. Auf meinen fragenden Blick springt er auf, klettert auf eine Mauer neben dem Zaun und hebt sein Bein wie zum Sprung. Er deutet mir, es ihm gleich zu tun. Schon stehe ich allein vor den ältesten Gräbern des Komplexes aus dem 14. Jahrhundert, aus Terracotta-Kacheln errichtet. Eins der Gräber gehört Tuman Oko, einer Ehefrau Amir Timurs, andere sind teils namenlos. Doch alle bringen mich mit ihrer Pracht, mit ihren im Sonnenlicht glänzenden Kacheln in Saphirblau – die speziell für Timurs weibliche Verwandtschaft ausgesucht wurden – und den teils ebenso künstlerisch verzierten Innenräumen zum Staunen. Immer wieder lege ich den Kopf in den Nacken, um das Ende der meterhohen Grabstätten auszumachen.

Sehr viel weniger ansehnlich ist der Taxifahrer, der mich zum Samarkand Buchara Carpet Workshop fährt und dessen Bauch das Lenkrad so einklemmt, dass es sich kaum noch bewegt. Wir plaudern auf Russisch, Englisch und Französisch. „Ich lerne Sprachen mit den Touristen“, erklärt er, und will sogleich wissen, ob ich am Abend schon etwas vorhabe. Habe ich. Ich bin neugierig auf den 1992 eröffneten Teppich-Workshop, der das Ziel verfolgt, während der Sowjetzeit fast verlorene Traditionen wiederaufleben zu lassen. Gründer Haji Muhammad Ewaz Badghisi ist zwar nicht da, dafür aber dessen Tochter Khalida. „Mein Name bedeutet ‚für immer‘“, erzählt sie stolz, bevor ich erfahre, dass ihre Familie eigentlich aus Turkmenistan komme. „Deswegen benutzen wir viele turkmenische Muster, aber auch usbekische.“

Insgesamt gäbe es 300 bis 400 Mitarbeiterinnen, von denen einige auch von zu Hause arbeiteten. „Viele Frauen wollen nur bis zu ihrer Heirat arbeiten, andere machen auch danach weiter und freuen sich, der Hausarbeit und den Kindern eine Zeitlang zu entkommen”, weiß Khalida. Die hauchdünnen Seidenfäden gleiten an den Webstühlen durch die Frauenfinger und es entstehen immer neue Knötchen, die am Ende einen großen Teppich ergeben.

Was eigentlich schon das Ende der Geschichte ist – davor produzieren erst einmal Millionen von Seidenraupenpuppen Seide, aus der man Fäden macht und diese mit natürlichen Farben färbt. Im Garten wachsen einige der farbgebenden Pflanzen: „Färberkrapp für beige und braune Töne, Granatapfel für pinke und rote Farben, Indigo für dunkel- und hellblaue und grüne Farbtöne und die Spargelblume für Gelb und Orange.“ Bis ein Teppich ganz fertig ist, vergeht ein Jahr. „Wir sind der einzige Workshop in ganz Usbekistan, wo man bei der Fertigung der Seidenteppiche zuschauen kann“, rühmt Khalida das Werk ihres Vaters.

Nachdem ich mal wieder kurz unter den Lebenden geweilt habe, bleibt Zeit für ein weiteres Mausoleum: das von Gur Amir, Amir Timurs eigenes Mausoleum. Ich winke ein Taxi heran, in dem schon zwei Frauen sitzen und sich lautstark mit dem Fahrer auf Russisch unterhalten. „Woher kommst du?“, wollen sie wissen, und schon bin ich mit meinen stümperhaften Sprachkenntnissen mitten in der Unterhaltung. „Sprecht ihr immer Russisch zusammen, oder eher Usbekisch?“, interessiert mich, da ich oft Gespräche in beiden Sprachen zu vernehmen glaube. Der Fahrer lacht. „Usbeken benutzen meistens Usbekisch, viele ältere Leute vom Land können auch gar kein Russisch. Aber für junge Leute ist es eine Art Modesprache geworden.“ Die beiden Frauen stellen sich allerdings als gebürtige Russinnen heraus. Die Drei winken mir nach, während ich auf das majestätische Gur Amir Mausoleum zulaufe, das die Abendsonne in warmes Gelb taucht.

Außer ein paar Einheimischen, die zum Beten gekommen sind, ist niemand dort. Motorengeräusche dringen schwach ins Innere des Mausoleums mit seinen verzierten und vergoldeten Marmorplatten und einer strahlend schönen Kuppeldecke. Hier reicht selbst der Superlativ von ‚prunkvoll‘ nicht für eine akkurate Beschreibung. Hinter ebenso hübsch verzierten Marmorgittern befinden sich die Kenotaphe – leere Grabmale zum Gedenken an die Toten – von Timur sowie von dessen Söhnen und weiteren bedeutenden Angehörigen des Clans. Timurs Kenotaph sticht aus dem Ensemble heraus wie ein schwarzes Schaf – weil er aus schwarzem Nephrit gefertigt ist, während alle anderen aus hellen Tönen bestehen.

Ich lausche dem Gemurmel der Betenden, die ihre Hände nicht falten, sondern vor dem Gesicht öffnen, als wollten sie Almosen empfangen. Bald treibt mich die Zeit zurück ins Gewusel der Stadt, denn die Reise geht weiter.

In der Stadt der Poesie und Märchen

Über Internet habe ich bereits meine Zugtickets gebucht und stehe vorm Bahnhof von Samarkand, in den man nur nach Vorlage von Reisepass und Ticket kommt. Um schnell an mein nächstes Ziel, die Oasenstadt Buchara, zu gelangen, habe ich mich für das Schnellste entschieden, das auf Usbekistans Schienen braust: den topmodernen Afrosyiob-Zug, der erst seit etwa 2011 verkehrt und ab Samarkand knappe anderthalb Stunden braucht. Ich fühle mich schon beim Einsteigen an Japan erinnert: Jeder voll klimatisierte Waggon verfügt über einen eigenen Zugbegleiter, der beim Einsteigen die Tickets checkt und im Inneren die Bestellungen von Gratis-Kaffe- oder Tee aufnimmt.

Mit 250 Stundenkilometern geht es nach Buchara, wo mich der Besitzer des gebuchten Gasthauses abholt. Wie schon in Samarkand ist das Gasthaus eine Familienunterkunft mit Hof, von dem die Zimmer abgehen.

Ob ich nun Samarkand oder Buchara bevorzuge, darauf finde ich auch während meines Aufenthalts keine Antwort. Buchara gilt noch immer als großes kulturelles Zentrum des Ostens, das herausragende Wissenschaftler, Philosophen und Dichter hervorbrachte. Dass das historische Zentrum bereits seit 1993 unter dem Schutz der UNESCO steht, wundert mich nicht, als mich am nächsten Morgen schon der erste Spaziergang aus dem Gassenlabyrinth, in dem sich meine Unterkunft befindet, vorbei an unzähligen Mausoleen und Medresen führt.

Wie über eine Oase in der Wüste stolpert man über den Lyabi-Hauz-Komplex, einen Platz mit künstlichem Wasserreservoir, eingerahmt von Maulbeerbäumen, zwei Medresen – darunter die größte der Stadt, Kukeldash – sowie einem weiteren religiösen Bauwerk. Rund ums Wasser haben Restaurants und Cafés ihre Tische verteilt. Genau wie in Samarkand dienen auch die Medresen in Buchara für den Souvenirverkauf. Eine Gruppe einheimischer Frauen lauscht einem Guide, die Sandalen- und Sockenmode haben sie frech von deutschen Männern geklaut.

Ich lasse mich weitertreiben, bin bald zurück in den Gassen. Genieße Buchara abseits des touristischen Treibens, wo die Menschen in einfachen Lehmhäusern wohnen, manche halb zerfallen, andere gerade erst zu Ende gebaut. Aus einer Bäckerei strömt ein verführerischer Duft nach dem typisch usbekischen Pide, dem ich folge und stutze – statt vorm Verkaufstresen lande ich in einem dunklen Raum voller Ramsch. Von rechts schlägt mir Hitze entgegen und ich schaue in ein verschwitztes Gesicht. „Möchtest du Brot?“, ruft mir der Mann zu, dessen nackter Oberkörper mit seinem Gesicht um die Wette glänzt. Er und ein Kollege kneten am laufenden Band Teig und schieben die Fladen in einen Ofen nebenan, im Hinterraum sitzt ein alter Mann vorm Fernseher und schaut Fußball. „Wir schaffen etwa 800 Brote am Tag“, erzählt mir der Bäcker, bevor er ein noch heißes Exemplar für mich eintütet.

Das Herz der Altstadt schlägt am Poi Kalyon Komplex mit zahlreichen Handelskuppeln, Marktgebäuden, vor allem aber mit dem Kalyon-Minarett von 1127 – Wahrzeichen Bucharas – mit der Mir Arab Medrese und der Kalyon-Moschee. Um die schönsten Gebäude in Ruhe zu besichtigen, heißt es abwarten, bis eine Touristengruppe herausschwemmt und vor der nächsten hinein zu huschen, denn nur so gelingt es, Medresen und Mausoleen nicht nur kurz in allen Richtungen abzulichten, sondern den Ort zu spüren. Mir Arab gilt als einer der heiligsten Orte islamischer Kultur auf ehemaligem Sowjetgebiet, stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde Sheikh Abdallah Yamani gewidmet, auch Mir Arab genannt. Mir Arab gegenüber liegt die Kalyon-Moschee, die zu Sowjetzeiten als Warenhaus diente, seit 1991 allerdings wieder Betenden offensteht. Ich trete in den ausladenden Innenhof, umgeben von 208 Säulen und 288 Kuppelgewölben, wobei die Säulen das Gericht Solomons symbolisieren. Bei meinem ersten Besuch versuchen sich die Tourguides in verschiedenen Sprachen vor Massen schwitzender Touristen zu übertönen, und auf einer Bank möchte wieder eine alte Frau ein Foto mit mir. Doch ich kehre zurück – am Nachmittag, wenn die Hitze die Gruppenreisenden verschluckt hat und die Straßen zum Schauplatz des berüchtigten ‚survival of the fittest‘ werden. Es ist an diesem Nachmittag, dass ich fast ganz allein im säulenreichen Innenhof sitze, seine Pracht sich leicht und schwer auf mir ablegt und Hunderte von Vögeln eine Stimme bekommen. Wenn ich an Buchara zurückdenke, sehe ich den leeren Platz, höre die Vögel.

Auch Buchara besitzt einen Registan-Platz, doch im Vergleich zu Samarkand ist der wie ein Teufelskreis, um den im Sekundentakt hupende Autos rasen, doch auch er hat etwas Besonderes zu bieten – die Ark-Zitadelle, einen klotzigen Lehmziegelbau und eine Art Eiffelturm von Buchara.

Die genaue Geschichte der Zitadelle ist unklar, man vermutet den Ursprung im 5. oder 6. Jahrhundert nach Christus. Was noch steht, stammt größtenteils aus dem 16. Jahrhundert. Den besten Überblick bekommt man von einer Aussichtsplattform mit gläsernem Lift direkt gegenüber, das Innere betritt man durchs mächtige Westtor von 1742. Es ist, als würden einen die knapp 800 Meter hohen Mauern einverleiben und vor der Hektik der Welt draußen schützen. Hier ließ sich niemand in die Tapeten schauen, im Gegensatz zur schräg gegenübergelegenen Bolo-Hauz-Moschee, wo man den Betenden von der Straße auf den Allerwertesten schaut.

Und doch ist diese Moschee, das einzige Relikt aus dem Mittelalter, mit ihrem vorgelagerten Wasserbecken, in dem sich die schlaksigen Säulen der Terrasse spiegeln, eine Oase der Ruhe im geschäftigen Treiben. Noch weiter vom Schuss liegt Samanids Mausoleum inmitten des Samanid-Parks mit Ständen, wo Eis und Zuckerwatte verkauft werden. Der perfekte Würfel aus künstlerisch bearbeiteten Ziegelsteinen sticht aus dem Grün des Parks hervor und spiegelt sich auf dem schummrigen See davor. Dieses älteste islamische Monument der Stadt aus dem 10. Jahrhundert markiert das Grab des Gründers der Samanid-Dynastie sowie Gräber einiger seiner Familienmitglieder.

Auch mich macht die Hitze träge, ich schleppe mich zurück in die Gassen, denen noch der Asphalt fehlt, und mache mich auf die Suche nach der Chor-Minor-Medrese mit ihren vier Türmchen, die auf keiner Buchara-Postkarte fehlt. Aus manchen Häusern dringt Duft nach frischem Brot oder Gebratenem, Kinder kicken einen Ball über den vertrockneten Schlamm, und auf einem Platz sitzt eine Gruppe Männer um ein Schachbrett.

Sie schauen kurz auf, winken. Ich bin mir nicht sicher, wo Chor-Minor steht, frage die Männer. „Woher kommst du?“, will einer auf Russisch wissen, dann reicht er mir die Hand und zieht mich zu sich heran, um mir einen Handkuss zu geben. „Du bist sehr schön!“ Wenige Meter später stehe ich vor den vier Türmen mit ihren in der Abendsonne glänzenden, türkisfarbenen Kuppeln.

Am Ende passiert, was ich befürchtet habe: Ich verlaufe mich in den Gassen, finde meine Unterkunft nicht mehr. Doch manchmal ist es wahres Glück, wenn die App versagt und ich gezwungen bin, Menschen anzusprechen, statt mit übers Handy gebeugtem Kopf an ihnen vorbeizulaufen. Ein Mann mittleren Alters, der gerade in Badelatschen und Jeans mit seiner Ziege an der Leine joggt, kennt meine Unterkunft nicht, eine junge Frau fragt, ob ich nicht stattdessen bei ihr unterkommen will. Ich laufe und laufe, komme zum zweiten Mal an Mann und Ziege vorbei, wir plaudern. Er rät mir, die Touristenpolizei um Rat zu fragen, die an mehreren Ecken eine Art Kiosk hat. Doch ich irre noch ein wenig weiter und stehe am Ende vor meinem Gasthaus, wo ich es am wenigsten erwartet habe.

Von Mond, Sternen und Plumpsklos

Am nächsten Morgen nehme ich ein Taxi zum Sitorai Mohi-Hosa Palast von Anfang des 20. Jahrhunderts, der einstmaligen Sommerresidenz des letzten Emirs von Buchara, deren Name ‚Sterne treffen auf den Mond‘ bedeutet. Ein helles Gebäude mit vielen europäischen Architekturmerkmalen wartet mit einer prächtigen Thronhalle und farbenfroh verzierten Decken auf, doch am entspanntesten wirkt der Teepavillon mit Weitblick über den Garten.

Wie ich von der Residenz in die Stadt zurückkomme, steht ebenfalls in den Sternen, denn weit und breit ist kein Taxi zu sehen und die nächste Straße liegt einige Kilometer entfernt. Ich frage einen Mann, der an seinem weißen Auto lehnt, und natürlich hat er einen Bruder, der als Fahrer arbeitet und keine zehn Minuten später parat steht. Ich habe noch Zeit, bis mein Zug nach Tashkent geht und nehme das Angebot an, noch zum Mausoleum von Bakhauddin Naqshbandi zu fahren, des inoffiziellen Schutzheiligen Bucharas und Gründer des wichtigsten Sufi-Ordens in Zentralasien, was das Mausoleum zum heiligsten Ort der Stadt macht. Das Grab ist Teil eines großen Komplexes an Gräbern und Schreinen, zu dem Scharen von Gläubigen pilgern und vor dem schwarzen Grabstein des Verehrten beten.

Bald wird das sanfte Gemurmel der Gläubigen in meiner Erinnerung übertönt vom Gerumpel des Zuges – dieses Mal kein fixer Afrosiyob, sondern ein gewöhnlicher Sharq-Zug, der Intercity Usbekistans. Statt geräumiger Großraumwagen gibt es stickige Abteile, in denen die Fenster nicht aufgehen und es keine Klimaanlage gibt. Dafür sind die Korridore mit Teppichen ausgelegt, die sofort unter den Koffer-Rollen hängenbleiben, die Abteile ebenso, und der kleine Tisch wurde liebevoll mit Stofftischdecke belegt. Ich teile mir den Sauerstoff im Abteil mit fünf anderen, während vorm Fenster wüstenartige Einöde vorbeifliegt. Alles im Zug erinnert mich an meine Kindheit, als es in den Waggons im Sommer nach aufgeweichtem Teer roch und ich beim Toilettengang fasziniert zusah, wie die Ausscheidungen unten auf den vorbeibrausenden Schienen landeten. Sechseinhalb Stunden trennen uns von der Hauptstadt, eine Einheimische fächert sich Luft zu und ihr Mann befeuchtet alle fünf Minuten ein Taschentuch, um es ihr an die Stirn zu drücken. Die Erleichterung steht uns allen ins Gesicht geschrieben, als der Zug fast pünktlich in den Bahnhof der Hauptstadt tuckert.

Wieder wohne ich in einem familienbetriebenen Gasthaus, werde auch um 11 Uhr abends noch freundlich begrüßt und bekomme ein großes, stilvoll eingerichtetes Zimmer mit Queen-sized Bett. Meine Gastwirtin spricht fließend Englisch, als sie mir am nächsten Morgen das Frühstück serviert und ihre kleine Tochter gleichzeitig schulklar macht. „Ich schicke meine Kleinen in eine russische Schule, wo sie auch schon Chinesisch lernen“, erklärt die stolze Mutter, und das, wo die Kids schon zu Hause mit Usbekisch und Russisch aufwachsen. „Englisch werde ich ihnen auch beibringen, sie sollen in der Lage sein, Literatur in Originalsprache zu lernen.“ Eine russische Schule wäre besser als eine usbekische, weil die Russen direkter wären und nicht alles durch die Blume sagten wie die Usbeken. „Meine Kinder sollen später gut klarkommen, und die Usbeken sind eher wie die Japaner und Koreaner und sagen nie, was Sache ist.“

Tashkent, die neue Stadt

Waren Samarkand und Buchara ein Streifzug durch die Vergangenheit, ist in Tashkent alles neu – weil die Stadt mit ihren gut vier Millionen Einwohnern und damit größte Zentralasiens 1966 von einem verheerenden Erdbeben zugrunde gerichtet wurde. Dem schrecklichen Tag ist ein Denkmal gewidmet, das Monument des Mutes von 1976. Ein in der Mitter geborstener Würfel zeigt eine Uhr mit dem Zeitpunkt des Unglücks, 5.23 Uhr morgens, und eine Bronzeskulptur symbolisiert einen Vater, der Frau und Kind vor der Gefahr schützen will.

Fast alles entstand in Tashkent, übersetzt ‚Steinstadt‘, im typischen Sowjetstil nach dem Erdbeben, doch ein wenig alter Glanz ist noch am Hazrat Imam Komplex erkennbar, dem historischen, spirituellen Herzen Tashkents. Am Hazrat Iman Platz sammeln sich die Hazrat Iman Moschee von 2007 und das bedeutendste Gebäude, die Muyi Muborak Bibliothek, übersetzt ‚heiliges Haar‘. Im Inneren befindet sich nämlich Haar, das angeblich Prophet Mohammed gehörte – aber auch der weltälteste Koran, 19 Jahre nach dem Tod Mohammeds entstanden.

Viel Kunsthandwerk und Früchte, Gemüse, Gewürze, Nüsse und alles, was den Gaumen verführt oder Mann und Frau kleidet, findet sich auf dem riesigen Eski Juvi Markt unterm blau-türkisen Runddach.

Doch nicht nur der Markt ist überdimensional, auch die Plätze der Hauptstadt sind es – der sogenannte Friendship Platz mit riesiger usbekischer Flagge und dem People’s Friendship Palace von 1981, einer Konzerthalle mit über 4.000 Plätzen. Ebenso auffällig wie das kolossale Gebäude ist ein Denkmal aus gusseisernen Figuren, einem Mann und einer Frau, die eine Menge Kinder um sich scharen. „Das ist zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg, als heimatlose Kinder nach Tashkent gebracht und von den Menschen gefüttert wurde, denn damals galt Tashkent als Stadt des Brots“, erklärt die Reiseführerin.

Dagegen begegnet mir am Amur Timur Platz ein guter alter Bekannter – Timur auf einem Pferd, wo vorher Stalin und Marx auf dem Sockel standen. Von diesem Platz führen sämtliche Hauptstraßen der Stadt ab. Hauptstraßen, an denen sich viele blaue Kuppeldächer erheben, eine Idee Timurs, der das friedliche Blau des Himmels einfangen wollte. Tashkents größter Platz ist der Unabhängigkeitsplatz voller Monumente und Brunnen, darunter ein beeindruckendes Wasserspiel mit 500 Wasserstrahlen mit goldenem Globus auf einem Podest im Hintergrund. Hinterm Platz verläuft die nun unsichtbare Grenze zwischen dem alten und dem neuen Tashkent – der neue Stadtteil war einst nur Russen vorbehalten, und niemand aus Alt-Tashkent durfte die Grenze passieren.

Heute ist es kein Problem mehr, in Tashkent mobil zu sein. Im Gegenteil – man könnte den ganzen Tag U-Bahn fahren, ohne die unterirdischen Gewölbe mit 29 Haltestellen zu verlassen, denn Tashkent bietet einige der schönsten Metrostationen der Welt. „1977 eröffnete die erste U-Bahnlinie in Tashkent“, erzählt die Stadtführerin, „während der Sowjetzeit, als die Bevölkerung auf über eine Million Menschen wuchs.“ Sie war die erste U-Bahnlinie Zentralasiens und wurde nach dem Vorbild der Moskauer Metro entworfen. Am Amur Timur Platz beispielsweise beherrscht das Thema der Oktoberrevolution die Metrostation, die in hellen Tönen mit eleganten Leuchten ausgestattet ist. Noch üppiger präsentiert sich die U-Bahn am Unabhängigkeitsplatz mit Kronleuchtern an den Decken, während eine weitere Station dem großen usbekischen Dichter Alisher Navoi gewidmet ist. Für Fans von Luft- und Raumfahrt gibt es auch das Richtige – die U-Bahnstation Kosmonavtlar den  großen Kosmonauten und Kosmonautinnen zu Ehren.

Am spannendsten finde ich es in Tashkent jedoch, die Menschen zu beobachten: Im Park beim 375 Meter hohen Fernsehturm ist am Spätnachmittag Brautschau angesagt, genau vorm Museum der Opfer der sowjetischen Unterdrückung. Ich schaue zu, wie Bräute in üppigen weißen Kleidern und ihre Angetrauten die Treppen vorm Monument emporschreiten. Dass sie nicht alle aussehen, als wäre dies der glücklichste Tag ihres Lebens, ist logisch – in Usbekistan ist die arrangierte Ehe noch immer Gang und Gäbe, allerdings hätten junge Leute mittlerweile die Möglichkeit, sich zumindest verschiedene Kandidaten anzusehen, so die Stadtführerin.

Wohin man in Tashkent auch schaut, die Stadt wird dominiert von klotzigen Sowjetbauten, allen voran das erste Hotel der Stadt, Hotel Uzbekistan, 1974 eröffnet mit elf Stockwerken und 495 Zimmern. Die Fenster scheinen vergittert wie im Knast, doch laut Stadtführerin verfolgt dieser typische Mosaikstil einen praktischen Zweck: Die Gebäude bleiben im Sommer kühl und im Winter warm.

Kuschelig warm ist es auch im Plov-Center beim Fernsehturm, wo Usbekistans Nationalgericht jeden Mittag in rohen Mengen gekocht wird – etwa 50 Kilo Reis kommen in einen überdimensionalen Pott, dazu eine Unmasse Rindfleisch, fette Pferdewurst, Rosinen und gelbe Möhren. Um nicht so reichlich Öl zu vergessen, dass sich das Gesicht des Kochs im Ölrest am Boden spiegelt. Gegessen wird an langen Tischen in einer Art großer Kantine, wo Einheimische und ausländische Besucher gierig über ihre Teller herfallen.

Das Beste zum Schluss

Wenn ich an Tashkent denke, denke ich nicht an die Plätze oder Monumente, nicht einmal an die postkartentauglichen U-Bahnstationen. Ich denke an Sayyora und daran, wie wir es an meinem letzten Abend tatsächlich schaffen, uns wiederzusehen. Wieder gebe ich mein Russisch zum Besten, um einen Taxipreis zu verhandeln, doch der Fahrer versucht am Ende, mir das Doppelte abzuknöpfen – erst recht, als er das hübsche Haus sieht, das Sayyora mit ihrem sauer in den USA verdienten Geld ins bessere Leben ihrer Lieben daheim investiert hat. Die 70-jährige und ihre Tochter Rano stehen erwartungsvoll an der Straße und Sayyora umarmt und küsst mich, als wäre ich ihre nach langer Abwesenheit heimgekehrte Enkelin. Da stürzt der Taxifahrer aus dem Auto und schreit auf Usbekisch auf die beiden Frauen ein – die in ähnlichem Ton antworten. Der Taxifahrer folgt uns mit erhobenen Fäusten, als wir bereits zum Haus gehen, und ich stelle mich darauf ein, meine Selbstverteidigungskünste hervorzukramen. Da schiebt mich Sayyora in den Hof vorm Haus und ihre Tochter knallt das Tor vor der Nase des Fahrers zu. Problem gelöst.

Die Geschichte ist vergessen, als ich die ganze Familie kennenlerne – Schwiegersohn Davronbek, die beiden Enkel Jasurbek und Najimbek sowie die jüngste Enkelin, Kamila, die Sayyora als „meine Prinzessin“ vorstellt. Sie wollen die Bedeutung meines Namens wissen, die ich nicht kenne, und löse Verwunderung aus, denn in Usbekistan hätte jeder Name eine Bedeutung. Im Wohnzimmer, am großen Tisch, hat die Familie eine üppige Tafel aufbereitet, voller trockener Früchte, frischem Obst, Brot, Saft, Schnaps – doch das Hauptgericht duftet noch aus der Küche: Plov. Zum zweiten Mal an diesem Tag.

Ich schlucke, doch meine Rührung über die Mühe, die sich Sayyora und ihre Familie gemacht haben, ist größer als mein noch vom Lunch vorgewölbter Magen. Alle außer Davronbek sprechen flüssig Englisch, und viele Fragen prasseln auf mich ein. „Ich spiele Klavier“, erzählt die Enkelin, „spielst du auch etwas?“ „Ich spiele nichts, aber mein Mann spielt ein Instrument“, fällt Rano ein – „meine Nerven“. Alle lachen, bloß Davronbek versteht nur Bahnhof. Wir plaudern, ich komme kaum zum Essen, und doch führt jeder Bissen zu einer neuen Kelle Plov auf meinem Teller. „Magst du unseren Plov?“ Er ist um einiges besser als der vom Plov Center, doch irgendwann macht auch der stärkste Magen schlapp. Dabei bin ich noch nicht entlassen: Die frische Wassermelone landet zur Hälfte auf meinem Teller, und dann wären da noch die selbstgebackenen Kekse. Ich futtere und rede und schwappe über vor Glück und Essen. „Was für ein Glück, dass wir uns zufällig im Taxi getroffen haben“, scheint Sayyora meine Gedanken zu erraten. „Aber ich glaube, es sollte so sein.“ Sie zwinkert mir zu. Und ich denke an die Verkettung von sogenannten Zufällen, die zu unserem Kennenlernen geführt hat, an einem x-belieben Tag an einem riesigen Busbahnhof in einer riesigen Stadt mitten in Zentralasien. Wie so oft auf meinen Reisen, wo nichts geplant ist und trotzdem alles passt wie ein Puzzle. Am Ende muss der neu gerufene Taxifahrer, der mich ins Zentrum zurückbringt, mehrmals hupen, weil Sayyora zu lange braucht, um mich zu umarmen und mir das Versprechen abzunehmen, dass wir uns wiedersehen. Dann sitze ich auf dem Rücksitz und die winkende Familie verschwindet hinter einer Kurve. Es dauert noch einige Stunden, bis sich sämtlicher Plov des Tages verflüssigt einen Weg nach draußen bahnt, und es wird ein Leben dauern, bis ich die Herzlichkeit dieser alten Frau und ihrer Familie vergesse.

Die Reise fand mit Unterstützung von Air Astana statt.